Arbeitsgespräche
In einem Unterricht, in dem die Schülerinnen und Schüler im individuellen Tempo und nach verschiedenen Anforderungen lernen, sind für die individuelle Beratung kurzfristige Arbeitsgespräche hilfreich, in denen die Lehrkraft ohne großen Aufwand mit dem Kind allein über die nächsten Lernschritte sprechen kann.
Die Lehrkraft bekommt bei diesen Gesprächen ein Bild von den Lernergebnissen, kann gelungene Lernschritte würdigen und kritische Stellen rückmelden. Zusammen mit der Schülerin bzw. dem Schüler werden im Lerngespräch auch Umfang und Inhalt der nächsten Lernschritte abgesprochen und schriftlich festgehalten (Abb. 45).
Es ist möglich, diese Gespräche in die Unterrichtszeit zu integrieren, wenn es klare Regeln und feste Rituale gibt, z. B.:
Abgabestelle
Ein Arbeitsgespräch findet statt, wenn ein bestimmter Arbeitsauftrag, der vorher festgelegt worden ist, erledigt wurde, z. B. Erarbeitung eines Kapitels im Heft, ein Eigentext. Ist dieses Ziel erreicht, legt die Schülerin bzw. der Schüler die Arbeiten in einen nur dafür eingerichteten Ablagekorb. So kann die Lehrkraft die Arbeitsergebnisse in Ruhe außerhalb der Unterrichtszeit ansehen und sich auf das Gespräch vorbereiten.
Kindersprechstunde
Während der Arbeitsgespräche ist die Lehrkraft nur für dieses eine Kind zu sprechen und für andere Schülerinnen und Schüler nicht. Als Erinnerungshilfe wird ein visuelles Zeichen, z. B. das Schild Kindersprechstunde (Abb. 44), aufgestellt. Das bedeutet: Jetzt darf die Lehrkraft nicht gestört werden.
Hilfe
Die Lehrkraft führt die Kindersprechstunde immer dann durch, wenn die anderen Kinder selbstständig an ihren Aufgaben weiterarbeiten können ohne Hilfe der Lehrkraft.
Als Nothelferin oder Nothelfer für Nachfragen stehen drei Kinder zur Verfügung, deren Namen an der Tafel stehen. Wer auch mit dieser Hilfe nicht zurechtkommt, sucht sich eine andere Aufgabe. Da die Gespräche meistens nur wenige Minuten dauern, ist die Wartezeit, bis die Lehrkraft wieder für alle ansprechbar ist, überschaubar.
Planungsgespräche
In Planungsgesprächen geht es darum, zusammen mit dem Kind für einen längeren Zeitraum – z. B. für die nächsten drei Monate – Lernziele und entsprechende Arbeitsschritte zu vereinbaren. Die Beteiligung der Schülerin bzw. des Schülers an der Lernplanung im Gespräch gibt beiden Seiten – Lehrkraft und Lernenden – die Möglichkeit, die Planung abzuklären, Nachfragen zu stellen und auf individuelle Lernbedingungen einzugehen.
Ziel ist es, Lernschritte zu vereinbaren, die für die Schülerin bzw. den Schüler machbar und in einem festgelegten Zeitraum realisierbar sind. Die Vereinbarung wird schriftlich festgehalten und zu einem festgelegten Termin überprüft.
Die folgenden Gesprächsphasen helfen den Ablauf eines Planungsgespräches übersichtlich zu strukturieren.
Orientierung geben
Am Anfang geht es darum, eine freundliche und entspannte Atmosphäre aufzubauen und über den Gesprächsablauf und das Gesprächsthema zu informieren.
Standort bestimmen
Danach geht die Lehrkraft intensiver auf das Gesprächsthema ein, fordert das Kind auf, seine Sichtweise darzustellen und würdigt die bisherige Lernentwicklung.
Anschließend beschreibt sie die Punkte bzw. Themen, über die sie genauer sprechen möchte:
Neue Lernschritte planen
Im Anschluss daran werden die nächsten Lerninhalte besprochen und festgelegt. Am Anfang sollten die Absprachen möglichst kleinschrittig sein, damit die Kinder den Überblick behalten.
Hallo, wie geht es dir? Schön, dass unser Termin geklappt hat.
Wo möchtest du sitzen?
Ich möchte mit dir über deine Rechtschreibung (oder: dein Gesprächsverhalten usw.) sprechen und gemeinsam mit dir überlegen, was du in der nächsten Zeit lernen kannst.
In der letzten Zeit hast du gelernt, einfache Wörter lautgetreu zu schreiben. Was war für dich leicht, was war nicht so leicht? Mir hat gefallen, dass du jetzt auch schon längere Wörter schreibst. Ich möchte heute mit dir darüber sprechen, wie du beim Schreiben weiterlernen kannst.
Was möchtest du als nächstes lernen? Was traust du dir zu? Ich glaube, du schaffst es jetzt schon, im Rechtschreibheft die ABC-Seiten zu bearbeiten.
Ergebnisse dokumentieren
Die Absprachen werden schriftlich in einem Kurzprotokoll (Abb. 46) dokumentiert, um die Überprüfbarkeit zu sichern. Das Protokoll enthält das verabredete Ziel (1), das Datum der Absprache und die Unterschriften der Lehrkraft sowie der Schülerin bzw. des Schülers (2), den Termin für die Überprüfung der Vereinbarung (3) und nach erfolgter Überprüfung das Ergebnis der Überprüfung (4).
Bei Absprachen, bei denen es weniger um ein einmaliges Ergebnis (z. B. Nachschlagen in der Wörterliste), sondern um die mehrfache Wiederholung einer Fertigkeit (z. B. in Linien schreiben) oder einer Verhaltensweise (z. B. sich melden) geht, kann das Protokoll durch Zielkärtchen (Abb. 47) ergänzt werden.
Jedes Mal, wenn eine Lernpartnerin oder ein Lernpartner bzw. die Lehrkraft bestätigen kann, dass das erwünschte Ziel umgesetzt wurde, wird auf der Rückseite des Kärtchens einer der Sterne farblich markiert. Sind alle Sternchen markiert, gilt das Ziel als erreicht und kann in einem Heft oder einem Portfolio dokumentiert werden.
Nachdenkgespräche
Bei manchen Schülerinnen und Schülern ist es hilfreich, sich mit ihnen im Gespräch intensiv und ausführlich über ihre Verhaltensweisen und/oder Kompetenzen auszutauschen, um die Sichtweise der Schülerin bzw. des Schülers auf ihre/seine Lernsituation zu verstehen und gemeinsam Ideen zu entwickeln, was und wie etwas verändert werden sollte. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn für die Lehrkraft nicht genau zu erkennen ist, warum eine Lernentwicklung stagniert und genauere diagnostische Informationen hilfreich wären.
Ziel dieser Gespräche ist ein besseres Verständnis für die Lernentwicklung der Schülerin bzw. des Schülers, um sie bzw. ihn gegebenenfalls gezielter unterstützen zu können. Im Mittelpunkt dieser Gespräche stehen die Beiträge der Schülerin bzw. des Schülers. Da viele Kinder in der Schuleingangsphase wenig Erfahrungen damit haben, über sich selbst zu sprechen, sind Gesprächsimpulse hilfreich, die die Kinder zum Reden anregen, z. B. Gesprächs- bzw. Satzkarten.
Für die Satzkarten werden verschiedene Aussagen zu einer Lernsituation einzeln auf Karten vorgegeben. Zunächst wird ein Lernbereich ausgewählt, z. B. Deutsch. Anschließend liest die Lehrkraft Kärtchen für Kärtchen vor und legt sie in der Tischmitte aus.
Kann die Schülerin bzw. der Schüler schon lesen, sucht sie bzw. er sich eine Karte aus, liest diese noch einmal vor und äußert spontan ihre/seine Gedanken und Ideen zu der Aussage. Die Lehrkraft stellt Nachfragen und/oder ergänzt die Aussagen der Schülerin bzw. des Schülers mit ihren eigenen Eindrücken.
Dann wird die nächste Karte ausgesucht. Nach mehreren Karten fasst die Lehrkraft zusammen, was besprochen wurde. Lehrkraft und Schülerin bzw. Schüler überlegen im Anschluss zusammen, was sich aus ihrem Gespräch für die weiteren Lernschritte ergibt.
Eine Variante zu den Satzkarten sind z. B. Dialogkarten.1
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1Hardeland, Hanna/ Berger, Marianne (2017) Kompetenzorientierte Gespräche mit Schülerinnen und Schülern. 28 Dialogkarten für die Grundschule. Weinheim, Basel : Beltz.
Autorin: © Mechthild Pieler
Redaktionell verantwortlich: Erna Hattendorf
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