Wenn Schülerinnen und Schüler Verantwortung für die eigene Gegenwart und Zukunft übernehmen und dabei Selbstwirksamkeit erfahren sollen, benötigen sie nicht nur fachliches Wissen und Kompetenzen, sondern auch Gestaltungsmöglichkeiten in ihrer konkreten Lebenswelt. Es gilt, die Lücke zwischen Wissen und wirkungsvollem Handeln zu schließen. Werden dafür Erfahrungsräume in der Schule auch über den Unterricht hinaus eröffnet, kann Schule im besten Sinne zu einem Lern- und Erfahrungsraum für Schülerinnen und Schüler werden.
Der Unterricht ist in der Schule ein zentraler Ort, wenn es darum geht, Fragen von Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit aufzuwerfen und zu erörtern. Darüber hinaus gibt es in ganz unterschiedlichen schulischen Bereichen unzählige weitere Anlässe, diese Fragen zu adressieren. Eine Übersicht zu den vielfältigen schulischen Handlungsebenen ist in der nebenstehenden Abbildung zu finden. Sie verdeutlicht, wie das übergreifende Thema als Querschnittsaufgabe aufgefasst und verankert werden kann. Der Ansatz, das übergreifende Thema Nachhaltige Entwicklung / Lernen in Globalen Zusammenhängen als Aufgabe der ganzen Schule zu verstehen, wird als Whole School Approach bezeichnet.
⇒ Praxistipp: Sammeln Sie, wie die in der Grafik benannten Bereiche an Ihrer Schule aufgestellt sind, um Anlässe zur Schulentwicklung zu identifizieren.
Neben dem Unterricht und der außerunterrichtlichen und ergänzenden Förderung und Betreuung bieten auch schulische Prozesse jenseits konkreter Bildungsangebote Perspektiven, um die Schulgemeinschaft und die schulische Umgebung für Nachhaltigkeit und globale Gerechtigkeit zu sensibilisieren. Damit sind sie gleichermaßen Teil des Whole School Approach.
Die Ganztagsschule im Kontext des Whole School Approach
Die nachfolgenden Beispiele der außerunterrichtlichen und ergänzenden Förderung und Betreuung sind als komplementäre Ergänzung zum Unterrichtsangebot (vgl. 2) zu verstehen. In modifizierter Form können sie in allen anderen Schulen genutzt werden.
Freiwillige außerunterrichtliche Bildungselemente, z. B. in Form von Arbeitsgemeinschaften, die Teilnahme an Wettbewerben oder andere können Schülerinnen und Schüler ermutigen, Handlungsfelder nachhaltiger Entwicklung zu erkunden und sich dort auszuprobieren. Gerade Ganztagsschulen bieten durch u. a. ihre Organisationsform ideale Voraussetzungen, um langfristige Kooperationen mit außerschulischen Partnerinnen und Partnern zu entwickeln. So können gemeinsam mit externen Organisationen (auch langfristige) Bildungsangebote geplant werden, die es Schülerinnen und Schülern erlauben, eigene Fragen und Handlungsoptionen im Kontext von Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und globaler Solidarität zu entwickeln.
Insbesondere für Schulpartnerschaften bietet die Ganztagsschule zeitliche Möglichkeiten, um konkretes Engagement umzusetzen. Aber auch im Rahmen von Ferienangeboten haben viele Schulen gute Erfahrungen mit Aktivitäten sammeln können, die sich auf Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen Zusammenhängen beziehen. So können Schülerinnen und Schüler Kontakte knüpfen und neue Erfahrungen mit globalen Fragestellungen außerhalb des Unterrichts gewinnen, wenn sie etwa in der Ferienbetreuung Referentinnen und Referenten mit direkten Bezügen zu Ländern des Globalen Südens kennenlernen.
Es folgen nun konkrete Beispiele, wie das übergreifende Thema im außerunterichtlichen Teil der Ganztagsschule umgesetzt werden kann.
⇒ Praxistipp: Probieren Sie eines der Praxisbeispiele im außerunterrichtlichen Teil des Ganztags an Ihrer Schule, ggf. adaptiert, aus. Nutzen Sie die Kontaktmöglichkeiten, um mit den Anbietenden in Kontakt zu treten und Erfahrungen bei der Umsetzung auszutauschen.
Auszeichnungen und Wettbewerbe im Kontext des Whole School Approach
Sowohl Auszeichnungen als auch Wettbewerbe bieten Schülerinnen und Schülern, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Schulen als Organisation die Gelegenheit, ihre inhaltliche Arbeit über das Klassenzimmer hinaus in der Öffentlichkeit sichtbar und damit gesellschaftlich relevanter zu machen. Schule als Ganzes zu öffnen und zu entwickeln gelingt, wenn jenseits des Unterrichtsgeschehens spürbar wird, dass diese Schule für eine bestimmte Thematik steht. Sie profiliert sich mit ihr und hier findet eine aktive Auseinandersetzung dazu statt. Die Zusammenarbeit, aber auch der Vergleich mit anderen wird, gemessen an festgelegten Standards (Auszeichnungen), gesucht.
Wettbewerbe können der Unterrichtsentwicklung Impulse verleihen, indem Lehrkräfte innovative Unterrichtsformate und -methoden sowie neue Inhalte in den pädagogischen Prozess integrieren und sich damit weiter professionalisieren. Darüber hinaus können Wettbewerbe auch die Entwicklung der gesamten Schule beeinflussen. In der wissenschaftlichen Literatur wird insbesondere darauf verwiesen, dass Auszeichnungen und Preise eine Strahlkraft und eine profilgebende Wirkung nach außen entfalten können, was wiederum positiv auf die Anerkennungskultur innerhalb der Schule einwirkt.31 Es gibt zahlreiche Praxisbeispiele von Schulen, die das übergreifende Thema im Kontext von Auszeichnungen32 und Wettbewerben33 aufgreifen. Eine Übersicht über mögliche Auszeichnungen und Wettbewerbe im Kontext des übergreifenden Themas Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen Zusammenhängen findet sich in der Datenbank.
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31 Böhme, Lars. 2019. Politische Bildung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, In: Wochenschau Wissenschaft, 395.
32 Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBJF). 2021. Fachbrief Nr. 42 Geschichte, Politische Bildung, Politikwissenschaft, Ethik/Philosophie, Geografie, Gesellschaftswissenschaften 5/6, Sozialwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Themenschwerpunkt: Nachhaltige Entwicklung/Lernen in globalen Zusammenhängen, S. 6ff. Verfügbar unter: bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/fachbriefe_berlin/geschichte/Fachbrief_Geschichte_42.pdf.
33 Impressionen zu den vergangenen Runden des Schulwettbewerbs zur Entwicklungspolitik „alle für EINE WELT für alle“ verfügbar unter: www.eineweltfueralle.de/der-schulwettbewerb-zur-entwicklungspolitik/vergangene-runden-des-schulwettbewerbs-zur-entwicklungspolitik/vergangene-runden-des-schulwettbewerbs-zur-entwicklungspolitik, Gute Beispiele Berliner Klimaschulen sind verfügbar unter: www.berliner-klimaschulen.de/gute-beispiele, Preisträger des Wettbewerbs Energiesparmeister siehe unter www.energiesparmeister.de/preistraeger.
Der Whole School Approach in der Schulgemeinschaft und im schulischen Umfeld
Neben konkreten Bildungsangeboten im Unterricht oder im außerunterrichtlichen Bereich der Ganztagsschule sind es ganz konkrete Prozesse im schulischen Alltag, in denen Bezüge zu Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit hergestellt werden können.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Schülerinnen und Schüler mit der Schulgemeinschaft im Whole School Approach Selbstwirksamkeit erfahren können: Sie reichen von baulichen Veränderungen und der Ausstattung der Schule, in die sie einbezogen werden können, bis zu Themen nachhaltiger Entwicklung in der Schülervertretung oder der Schulkonferenz; beteiligen lassen sich Schülerinnen und Schüler auch bei der nachhaltigen und fairen Beschaffungspraxis der Schule.
Weitergehende Impulse für das übergreifende Thema kann die (erweiterte) Schulleitung im Rahmen der Schulorganisation setzen. Geeignet, Nachhaltige Entwicklung / Lernen in globalen Zusammenhängen als Aufgabe der ganzen Schule umzusetzen, sind Schulentwicklungsprozesse, die auf Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwicklung zielen.
Als sinnvoll erweisen wird sich, wenn die Steuergruppe der Schule anregt, eine Arbeitsgruppe zu bilden, um die Vielzahl denkbarer Aktivitäten auf den unterschiedlichen schulischen Ebenen auf den Whole School Approach hin zielgerichtet zu bündeln. Im Idealfall ist eine solche Arbeitsgruppe mit Schülerinnen und Schülern, mit Beteiligten aus allen Schulbereichen wie auch mit externem Sachverstand, etwa aus Nichtregierungsorganisationen, ausgestattet und trifft sich in regelmäßigen Abständen, um Prozesse zu planen, zu begleiten und zu evaluieren.
Nachfolgend sind konkrete Beispiele zur Umsetzung dargestellt. Für die Suche nach weiteren Partner:innen steht die Datenbank zu den übergreifenden Themen bereit.
⇒ Praxistipp: Probieren Sie eines der Praxisbeispiele an Ihrer Schule, ggf. adaptiert, aus. Nutzen Sie die Kontaktmöglichkeiten, um mit den Anbietenden in Kontakt zu treten und Erfahrungen bei der Umsetzung auszutauschen.
Redaktionell verantwortlich: Christoph Look
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